Bei unklaren Regelungen und fehlender Kommunikation kann die Vergütung von Reisezeiten schnell zu einem Konfliktgegenstand zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden. Umso wichtiger ist die Kenntnis über geltende rechtliche Vorgaben und vorherrschende Definitionen von wichtigen Begriffen.
Erfahren Sie in diesem Artikel, wann Reisezeit gleich vergütete Arbeitszeit ist, inwiefern sich passive sowie aktive Reisezeit voneinander unterscheiden und welche gesetzlichen Vorgaben zu beachten sind.
Was zählt als Arbeitszeit bei einer Dienstreise?
Eine Dienstreise bedeutet nicht immer, dass die Reisezeit vergütet wird. Die Vergütung der Reisezeit hängt von verschiedenen Faktoren ab, die im Arbeitsrecht genau geregelt sind.
Definition von Arbeitszeit im deutschen Arbeitsrecht
Laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist die Zeit von Beginn bis Ende der Arbeit die Arbeitszeit. Ruhepausen zählen nicht zur Arbeitszeit.
Unterschied zwischen Arbeitszeit und Reisezeit
Unter Reisezeit wird jene Zeit zusammengefasst, die ein Arbeitnehmer während einer Dienstreise aufwendet, um zu einem auswärtigen Arbeitsort zu gelangen oder von diesem zurückzukehren. Auch Wartezeiten am Zielort zählen zur Reisezeit.
Die Reisezeit wird lediglich als Arbeitszeit anerkannt, wenn der Arbeitnehmer während der Reise arbeitsvertragliche Tätigkeiten ausführt. Dies ist auch der Hauptunterschied zwischen Arbeits- und Reisezeit: Während der regulären Arbeitszeit sind Reisezeiten zu vergüten; außerhalb der Arbeitszeit gelten tarifliche oder vertragliche Regelungen.

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Relevante gesetzliche Regelungen und Paragraphen
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Weisungsgebundene Arbeitspflicht §§611 ff. BGB
Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Regelung der maximalen Arbeitszeit, Ruhepause bzw. -zeiten und Sonntagsarbeit §§3 ff. ArbZG
Einkommensteuergesetz (EstG): Vorgaben zur Vergütung von Dienstreisen §§8 ff. EStG
Reisezeit als Arbeitszeit: Unter welchen Bedingungen?
Nicht in jedem Fall wird die Reisezeit vergütet. Zum Vergütungsanspruch müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Wann wird Reisezeit vergütet?
Reisezeit innerhalb der regulären Arbeitszeit wird vergütet. Vorgaben zur Maximalarbeitszeit und Pausen sind einzuhalten.
Erfolgt die Anreise außerhalb der Arbeitszeit, hängt die Vergütung von tariflichen oder vertraglichen Vereinbarungen ab. Zusätzlich beeinflusst die Art der Reise – aktiv (z. B. selbst fahren) oder passiv (z. B. Zugfahrt) – die Vergütung.
Unterschiede zwischen aktivem und passivem Reisen
Welche Reisezeit vergütet wird, hängt davon ab, ob der Arbeitnehmer aktiv oder passiv reist. Hier sind wesentliche Unterschiede zu beachten:
Aktives Reisen | Passives Reisen |
---|---|
Arbeitnehmer führt aktiv eine berufliche Tätigkeit aus, die die Hauptarbeitspflicht betrifft (z.B. Autofahren, Vor-/Nachbereitung von Meetings) Aktives Reisen wird in der Regel als Arbeitszeit gemäß ArbZG angesehen | Arbeitnehmer reist, ohne aktiv eine berufliche bzw. arbeitsvertragliche Tätigkeit auszuführen (z.B. Beifahrer, öffentliche Verkehrsmittel) Passives Reisen zählt in der Regel nicht zur Arbeitszeit |
Praktische Beispiele aus dem Arbeitsalltag
Beispiel 1: Ein Mitarbeiter fährt während der Arbeitszeit zu einer Messe außerhalb der Stadt, um das Unternehmen zu repräsentieren à Arbeitszeit
Beispiel 2: Ein weiterer Mitarbeiter begleitet den anderen Mitarbeiter zur Messe. Während der Fahrt hört er Musik und schläft. à Keine Arbeitszeit
Dienstreise vs. Dienstgang: Was ist der Unterschied?
Dienstreisen sind beruflich veranlasste Reisen außerhalb der regulären Arbeitsstätte und klar von Dienstgängen zu unterscheiden. Sie erfordern eine präzise Arbeitszeiterfassung und unterliegen spezifischen rechtlichen Vorgaben hinsichtlich Vergütung und Arbeitszeiten.
Definition und Beispiele von Dienstreisen
Unter einer Dienstreise versteht man die beruflich veranlasste Reise an einen Ort außerhalb der regulären Arbeitsstätte. Diese Reise wird vom Arbeitgeber angeordnet oder im Arbeitsvertrag festgelegt.
Beispiele für Dienstreisen sind:
- Kundentermine außerhalb des geografischen Gebietes
- Besprechungen an anderen Firmenstandorten
- Besuch von Fachmessen, Seminaren oder Schulungen
Berufliche Wege innerhalb derselben Stadt bzw. Dienstgänge und der tägliche Arbeitsweg sind keine Dienstreisen.
Abgrenzung zum Dienstgang
Bei einem Dienstgang bewegt sich der Arbeitnehmer innerhalb des gleichen geografischen Gebietes, zum Beispiel innerhalb einer Stadt oder zu einer anderen Abteilung im Unternehmen.
Unter einem Dienstgang versteht man eine kurze „Reise“ innerhalb des Betriebsgeländes oder zum nächsten Büro. Dienstgänge sind in der Regel weniger umfangreich als Dienstreisen und werden häufig als Teil der regulären Arbeitszeit betrachtet, sodass keine gesonderte Vergütung für die Reisezeiten erforderlich ist.
Rechtliche Folgen für die Arbeitszeiterfassung
- Auch bei Dienstreisen sind rechtliche Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeiterfassung einzuhalten.
- Pflicht zur präzisen Arbeitszeiterfassung, einschließlich anerkannter Reisezeiten gemäß Az. C-55/18
- Reisezeiten in der Arbeitszeit sind vergütungs- und erfassungspflichtig, außerhalb der Arbeitszeit gelten tarifliche oder vertragliche Regelungen
- Einhaltung von Vorgaben zu Höchstarbeitszeiten, zur Vermeidung von rechtlichen Konsequenzen gemäß §22 ArbZG
- Einhaltung von Ruhe- und Pausenzeiten, die dokumentiert werden müssen
Die Missachtung dieser gesetzlichen Vorgaben führt zu Bußgeldern und arbeitsrechtlichen sowie steuerrechtlichen Konsequenzen.
Wie beeinflusst Reisezeit das Arbeitszeitgesetz?
Die Einhaltung der maximalen Arbeitszeit und der gesetzlichen Pausenregelungen ist auch bei Dienstreisen unerlässlich, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen und rechtliche Konsequenzen für Arbeitgeber zu vermeiden.
Maximale Arbeitszeit und gesetzliche Pausen
Auch bei Dienstreisen sind die maximale Arbeitszeit und die gesetzlichen Pausen gemäß Arbeitszeitgesetz einzuhalten – Aspekte, die ein effektives Überstundenmanagement, insbesondere bei Reisezeiten, besonders relevant machen.
- Maximalarbeitszeit: Die tägliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden und kann in Ausnahmefällen auf 10 Stunden verlängert werden. Dennoch muss die durchschnittliche Arbeitszeit innerhalb von 6 Monaten bei 8 Stunden liegen (§3 ArbZG).
- Pausenregelungen: Bei einer Arbeitszeit zwischen 6 und 9 Stunden hat der Arbeitnehmer Anspruch auf 30 Minuten Pause. Ab 9 Stunden Arbeitszeit muss der Arbeitnehmer mindestens 45 Minuten Pause machen (§4 ArbZG).
Konsequenzen bei Überschreitung der Arbeitszeitgrenzen
Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können zu Bußgeldern für den Arbeitgeber führen. Bei wiederholten Verstößen können sogar Schadensersatzansprüche entstehen.
Auf Arbeitnehmerseite führt die Nicht-Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu gesundheitlichen Risiken – physisch sowie psychisch.
Gerichtsurteile und aktuelle Entwicklungen
Gerichtsurteile zur Reisezeit als Arbeitszeit sind ein zentraler Orientierungspunkt für Unternehmen und Arbeitnehmer. Sie schaffen Klarheit über die Bedingungen, unter denen die Reisezeit als Arbeitszeit anerkannt wird, und definieren zugleich die Grenzen der Vergütungspflichten.
Wichtige Urteile zur Reisezeit als Arbeitszeit
In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 17.10.2018 ergab sich, dass Reisezeiten von der Arbeit zum Wohnort in bestimmten Fällen als Arbeitszeit zu vergüten sind, unter der Voraussetzung, dass diese notwendig und mit der Arbeit verbunden sind (Az: 5 AZR 553/17).
Ein weiteres wichtiges Urteil zur Reisezeit als Arbeitszeit ist das des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15.11.2018 (6 AZR 294/17). Hierbei entschied das Gericht, dass Reisezeiten zu dienstlichen Fortbildungen als Arbeitszeit zu vergüten sind, wenn diese vom Arbeitgeber angeordnet worden sind. Diese beiden Urteile verdeutlichen, dass der Kontext der Reise entscheidend für die Einordnung als vergütungsfähige Arbeitszeit ist.
Auswirkungen auf die Praxis in Unternehmen
In der Praxis bedeuten diese Urteile, dass Unternehmen die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, insbesondere des Arbeitszeitgesetzes, sicherstellen müssen. Ansonsten ist mit Bußgeldern oder Schadensersatzforderungen zu rechnen.
Neben den rechtlichen Konsequenzen für das Unternehmen sind auch die gesundheitlichen Risiken für den Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Die Nicht-Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes führt langfristig zu einer verminderten Produktivität der Mitarbeiter, was sich negativ auf den Umsatz des Unternehmens auswirkt.
Reaktionen von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden
Zum Schutz der Arbeitnehmer fordern Arbeitnehmerverbände klare Regelungen und die Vermeidung von übermäßigen Arbeitszeiten. Dazu gehört auch – aus Sicht der Arbeitnehmerverbände – eine angemessene Vergütung von Reisezeiten.
Für Arbeitgeberverbände steht die Flexibilität bei der Handhabung von Reise- und Arbeitszeiten im Fokus. Aus Sicht der Arbeitgeberverbände sind pragmatische Lösungen erforderlich, um rechtliche Konflikte zu vermeiden und den Betrieb aufrechtzuerhalten sowie zu optimieren.
Tipps für Arbeitnehmer: Wie gehe ich mit Reisezeit um?
Um Reisezeit effizient zu nutzen und mögliche Konflikte zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer praktische Strategien entwickeln, die ihnen helfen, mit Reisezeiten umzugehen – von offener Kommunikation bis hin zu präziser Zeiterfassung.
Kommunikation mit dem Arbeitgeber
Kommunikation steht an erster Stelle, wenn es darum geht, Unklarheiten zu vermeiden und Transparenz sicherzustellen. Dazu kann der Arbeitnehmer selbst beitragen, indem die geltenden Regeln zu Reisezeit proaktiv geprüft und mögliche Unklarheiten mit dem Arbeitgeber geklärt werden.
Dokumentation der Reisezeiten
Weiterhin ist es ratsam, die Reisezeiten präzise zu dokumentieren und ggf. diese dem Arbeitgeber zur Prüfung vorzulegen. Mit einem Arbeitszeit-Rechner oder einer entsprechenden Software zur Zeiterfassung ist dies leicht möglich.
Praktische Empfehlungen zur Optimierung der Reisezeit
Neben der Kommunikation und der Dokumentation gibt es für Arbeitnehmer weitere praktische Tipps, um die Reisezeit zu optimieren.
- Effiziente Planung der Reisezeiten, um Ruhezeiten optimal zu integrieren
- Rechtzeitige Meldung von Unklarheiten, um Konflikte hinsichtlich der Reisezeit frühzeitig zu vermeiden
- Nutzung der Reisezeit für berufliche Aufgaben, z.B. Mails beantworten oder Meetings vorzubereiten, damit die Reisezeit als Arbeitszeit anerkannt wird
Wie kann Kelio helfen, die Reisezeit als Arbeitszeit zu erfassen?
Kelio kombiniert rechtliches und managementtechnisches Know-how mit innovativer Technologie, um Unternehmen bei der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu unterstützen und Konflikte bezüglich Reisezeiten zu vermeiden.
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